Sonntag, 20. Januar 2008

Kevins und dessen Freundin

Kevin lernte ich am ersten Tag kennen, nachdem er mich aus einer falschen Seitenstrassen zu meiner Arbeitsstelle begleitete. Er arbeitet in einem sehr gehobenen Italienischen Restaurant unter chinesischer Führung und spricht etwas englisch. Er studierte Betrebswirtschaft, jobbt nun jedoch als Kellner oder in Hotels. Ich besuchte ihn bereits im Restaurant, lehnte aber höflich ab dort zu essen, da der Preis etwa um das 12 fache über normalen Restaurants liegt. Das Restaurant ist interressant aus Stahl und Beton aufgebaut und bekam einen Architekturpreis, Kevin führte mich durch die Räume.
Viel interessanter sind jedoch die Berichte aus Kevins Alltag. Arbeiten muss er jeden Tag, er hat jedoch einen freien Tag pro Monat. Wie in jedem Restaurant/Hotel(etc.) wird den Mitarbeitern die Unterkunft gestellt (eine eigene könnte man sich mit dem geringen Gehalt in der Nähe der Arbeit nicht leisten). Er wohnt in einem Wohnkomplex nahe dem Restaurant zusammen mit einem weiteren Kellner. Das Zimmer ist im Kellergeschoß des Gebäudes. Dass es dort laut Kevins Beschreibung nicht gerade gut riecht ist glaube ich sofort, kenne ich doch die Waschkeller hier im Wohnheim. Zudem, berichtet er mir oft, dass die Köche im Nebenzimmer nachts gerne bis ca. 2 Uhr feiern. Im Restaurant ist er der einzige, der englisch spricht, auch seinen Vorgesetzten gegenüber. Er kann dort nichts neues dazulernen und das Arbeitsklima gefällt ihm auch nicht, so will er sich nach chin. Neu Jahr eine neue Stelle suchen.

Auch über Kevins Freundin, die nach der allgemeinen Schulpflicht (9. Klasse) ins Arbeitsleben kam, möchte ich kurz berichten. Seit 2 Wochen hat sie nun eine neue Stelle in einem Cafe als Kassiererin. Es gibt 3 Kassierer in dem Cafe, welches 24 h/ 365 Tage im Jahr geöffnet ist. Falls jemand ausfällt müssen die anderen also länger arbeiten. Über das Grundgehalt habe ich nicht gefragt, aber Kevin hat mir von ihren vielen Überstunden erzählt. Diese werden zwar vergütet, aber nur mit 0,3 € pro Stunde! Neulich hatte sich Kevins Freundin beim Geldwechseln verzählt, und es waren 2 € zu wenig in der Kasse. Was für uns nicht viel erscheint, bedeutet für sie nun 6 unbezahlte Überstunden.
Die Lebensbedingungen für Geringverdiener sind in Peking sehr schwer. Durch die nahen olympischen Spiele versuchten viele Chinesen in Peking zu arbeiten. Die Situation hier ist also deutlich schlechter als in anderen Großstädten.
Als Praktikant in Firmen, bekommt man solche Geschichten kaum mit. Das konnte ich bei Praktikantenstammtischen schnell herausfinden. Man lebt in einer anderen Welt, in anderen Stadtteilen, oft in Luxusappartments der Firmen. Die chinesichen Firmenkollegen kommen oft aus wohlhabenderen Familien und führen ebenfalls ein Grundverschiedenes Leben. Dabei muss man sich jedoch vor Augen halten, dass diese Wohngegenden und Chinesen nichts mit dem wahren China zu tun haben.

Auch für mich ist das Leben im Wohnheim's Apparment ein Luxus im Vergleich zu meinen Kollegen. Vom Beginn des Masterstudiums bis zum Abschluss der Doktorarbeit wohnen die Studenten hier in kleinen Zimmern mit 2er Belegung (Stockbett). Toiletten/Duschen sind am Gang und Küchen gibt es nicht. Ich bin froh diese Einblicke und Erfahrungen machen zu können und suche seltener den Konakt zu anderen Ausländern. Whärend der Zeit in Shanghai wird sich das dafür ändern. Dort werde ich in einer WG leben, in Wohnkomplexen mit vielen ausländischen Praktikanten.

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